Vortrag und Diskussion mit Clemens Bach
Die mittlerweile unüberschaubare Anzahl von literarischen Utopien und deren fast gleichzeitig auftretende Mehrwertsteigerung in Form von hochfinanzierten Film- und Serienproduktionen lassen kaum die Vermutung aufkommen, es handele sich bei den gegenwärtig in Wort und Bild geronnenen Utopien um eine kritische Reflexion auf gesellschaftliche Verhältnisse. Die Lektüre der Ästhetischen Theorie Adornos von 1970 zeichnet die Utopie vor allem durch ihren trostspendenden, affirmativen und scheinhaften Charakter aus.
Doch schon etymologisch ist dem Begriff der Utopie nicht einfach zu begegnen. Dem Wort Utopie lassen sich alltagssprachlich auch die Bedeutungen von Dystopie und Eutopie zuordnen (griech. dys/schlecht, eu/gut). Die Geschichte solcher literarischen guten bzw. schlechten Nicht-Orte nimmt den Platz unzähliger Publikationen ein und wurde dementsprechend auch gesellschaftstheoretisch interpretiert; das betrifft vor allem die Rolle gesellschaftlicher Dystopien. Gegenwärtige literarische Eutopien dagegen sind immer seltener anzutreffen und taugen, da ihre Intentionen und ihre ästhetischen Formen zumeist die schlechte empirische gesellschaftliche Realität verdrängen, kaum zu kritischen Reflexionen in Bezug auf gesellschaftliche Verhältnisse. Ausgehend von dem Begriff der Utopie in der Ästhetischen Theorie Adornos will der Vortrag einige Überlegungen über die mögliche kritische Funktion gegenwärtig literarischer Eutopien präsentieren und diskutieren. Die Darstellung und der Vergleich der Romane Planet Magnon (Leif Randt), Venus siegt (Dietmar Dath) und Anarchie in Ruhrstadt (Jörg Albrecht) stellen den Schwerpunkt des Vortrags dar. Alle drei Bücher vereint die literarische Darstellung einer Eutopie, die im Verlauf der Handlung den Schein ihrer Unfehlbarkeit verliert und damit nicht nur auf ihr eigenes Medium und ihre Gattung, sondern auch auf eine dem Leser nicht unbekannte Realität reflektiert. Der Vortrag will mit einigen Thesen schließen und diese auch mit dem Publikum gemeinsam diskutieren.
Ein Veranstaltung des Bildungskollektiv Biko e.V. in Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung Thüringen