Buchvorstellung: Gegendiagnose II – Beiträge zur radikalen Kritik an Psychiatrie und Psychologie und „Antifeminismus vor Gericht – Über die Macht psychologischer Sachverständiger in Sexualstrafprozessen“

Samstag, 25. Januar 2020 - 19:00

2015 erschien der erste Gegendiagnose-Sammelband, im Mai 2019 der zweite. Anlass des Buchprojektes war der Eindruck, dass eine Kritik an der Institution und wissenschaftlichen Disziplin der Psychiatrie, wie auch ihrer ›Schwester‹, der Psychologie, in der aktuellen linken Gesellschaftsanalyse kaum noch eine Rolle spielt.

Psychische Krisen sowie Verhaltens- und Wahrnehmungskonflikte scheinen vielfach unhinterfragt, ein je individueller Fall für ›professionelle Hilfe‹. Eine allzu ‚platte‘ Kritik, die psychische Krisen nur als ‚soziale Konstruktion‘ und gesellschaftliche Zuschreibung betrachtet, erscheint wiederum auch den Erfahrungen Betroffener nicht gerecht zu werden. Das Anliegen der Gegendiagnose war und ist dagegen, eine Alternative zu allzu vereinfachten oder reformistischen Kritiken zu bieten und auch die anti-psychiatrische und psychiatriekritische Bewegung selbst kritisch zu betrachten. Wichtig ist uns, die Institution Psychiatrie und ihre Konzepte und Glaubenssätze in das Netz gesamtgesellschaftlicher Machtverhältnisse einzuordnen und sie gerade auch als Institution der Reproduktion und Stabilisierung gesellschaftlicher Unterdrückungsverhältnisse zu betrachten.

Am Samstag, den 25.01.2020 wird Cora Schmechel als eine der Herausgebenden das Gegendiagnose-Projekt als solches vorstellen.

Dann präsentiert Anne Roth als eine Autorin ihren Buch-Beitrag „Antifeminismus vor Gericht – Über die Macht psychologischer Sachverständiger in Sexualstrafprozessen“. Sie kritisiert den psychiatrisch_psychologischen Umgang mit sexualisierter Gewalt, konkret in Form der »aussagepsychologischen Glaubhaftigkeits-Gutachten«, welche den Anspruch erheben zwischen ›falscher/eingebildeter‹ und ›richtiger/wahrer‹ Vergewaltigungs- und Missbrauchserinnerung unterscheiden zu können. Ihr Beitrag (zusammen mit Clara Kern) weist nach, wie diese Praktik zu einer Täter-Opfer-Umkehr beiträgt und gesellschaftliche Machtverhältnisse stabilisiert.

 

Die Veranstaltung wird gefördert von der Rosa Luxemburg Stiftung Thüringen.